[Werbung] Humor und Übertreibung sind das beste Mittel, um Klischees abzubauen: Das dachten sich auch Bettina Bouju und Johanna Links und schrieben den „Fettnäpfchenführer Frankreich“, der im April in einer aktualisierten Neuausgabe im Conbook-Verlag erschienen ist und nicht nur als Reiseknigge durchgeht.
Kurzweilige Rahmenhandlung
Denn das 285 Seiten starke Buch vermittelt die aktuell herrschenden Regeln und sozialen Codes der französischen Gesellschaft anhand einer kurzweiligen Erzählung rund um die Austauschschülerin Paula und deren Eltern Manfred und Eva Fischer. Diese treten, besser: springen bei ihrem Aufenthalt in Frankreich mit Karacho von einem Fettnäpfchen ins nächste – für den Frankreichkenner fast schon zum Fremdschämen. Zum Beispiel wenn Familienoberhaupt „Manni“ Bier trinkend im Liegestuhl und in der Jogginghose auf dem Campingplatz in der Bretagne jungen Frauen hinterherpfeift. Doch diese Überzeichnung ist von den Autoren gewollt und soll zum Nachdenken anregen, um „Überholtes und Festgefahrenes zu beseitigen“, wie es in der Einleitung des Buches heißt.
Nach Fehltritt: Aufklärung folgt auf dem Fuß
Die Fischers stehen dabei stellvertretend für all diejenigen Deutschen, die das erste Mal „Terra incognita“ betreten und die französische Kultur maximal vom Hörensagen kennen. Die einzelnen Kapitel beschreiben jeweils eine typische Alltagssituation: im Supermarkt, beim Frühstück in einer französischen Familie oder eine Begegnung auf dem Campingplatz, in der die Deutschen sich nicht so verhalten, wie es von den Franzosen erwartet wird. Nach jedem Fehltritt folgt die Aufklärung auf dem Fuß („Was ist diesmal schiefgelaufen?“) und eine kurze Erklärung, wie man es beim nächsten Mal besser machen könnte. So sollte man auf die Frage nach der Begrüßung „Wie geht es?“ nie seine komplette Gefühlswelt ausbreiten, sondern nur ein höfliches „ça va“ erwidern. Auch ist es in Frankreich verpönt, sich im Restaurant seinen Tisch selbst auszusuchen.
Kleiner Sprachführer inklusive
Abgerundet werden die Verhaltenshinweise mit weiterführenden Infos, historischen Begebenheiten oder Redewendungen zum jeweiligen Thema. Apropos Redewendungen: Neben einer Einführung in die Kultur und Gepflogenheiten des Nachbarlandes taugt der Fettnäpfchenführer durchaus als kleiner Sprachführer für Französisch-Debütanten. Denn wenn sich Paula in ihrer neuen Umgebung austauscht, tut sie dies natürlich in einfachen Worten auf Französisch – die Autoren liefern dabei in Klammern immer die deutsche Übersetzung mit. So eignet man sich en passant auch gleich einige nützliche Wendungen für den Frankreich-Urlaub an.
Ideal für junge Frankreich-Fans
Der Fettnäpfchenführer stellt eine unterhaltsame und lehrreiche Mischung aus Erzählung, Sprachführer und Reiseknigge dar, die mir in dieser Form so noch nicht begegnet ist. Das Buch ist meiner Meinung nach ideal als Geschenk für (junge) Menschen, die das erste Mal den Rhein westwärts passieren möchten und von Land und Leuten fasziniert sind. Aber selbst der erfahrene Frankreich-Fahrer findet hier und da noch Wissenswertes sowie handfeste Urlaubstipps.
Allerdings: Alle Fettnäpfchen wird man auch nach der Lektüre dieses Buches nicht umgehen können. Doch wie heißt es am Schluss so passend: „In der Erinnerung werden die schlimmsten Fauxpas zu den lustigsten Geschichten und Paula wollte kein einziges ihrer Fettnäpfchen mehr missen.“ Und natürlich muss man sich immer vor Augen halten, dass man nie alle Franzosen über einen Kamm scheren kann. Außerdem sind soziale Regeln, Wertvorstellungen und Verhaltensweisen einem steten Wandel unterworfen. Man darf daher auf die Fortsetzung des Fettnäpfchenführers gespannt sein.
Informationen zum Buch:
Fettnäpfchenführer Frankreich – C’est la vie, aber wie?
Conbook Verlag, 285 Seiten. ISBN: 978-95889-205-7.
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